Kritische Gedanken und Reflexion

Heute begann unsere letzte Woche im Health Center. Am Wochenende blieb auch etwas Zeit zum Nachdenken und Reflektieren. 

Ihr seht auf diesem Kanal vor allem das Schöne und die positiven Erfahrungen die wir mit euch teilen. Natürlich gibt es aber auch Momente, Situationen und Begegnungen die nicht nur positiv verlaufen. Frust, Enttäuschung, Reizüberflutung und Sorgen gehören genauso zu dieser Reise dazu. 

Manchmal ärgert man sich beispielsweise darüber, dass Patienten nicht ausreichend Schmerzmittel erhalten, obwohl dieses vorrätig ist. Ist es ein anderes kulturelles Verständnis? Ist der Umgang mit Schmerz einfach ein anderer? Liegt es an der gerade behandelnden Fachkraft? Solche Situationen deprimieren und frustrieren. Wie soll ich mich hier verhalten? Schließlich bin ich Gast. 

Dazu kommt die kulturell sehr unterschiedliche Zeitrechnung. Unpünktlichkeit (aus unserer Sicht) ist uns hier schon das eine oder andere Mal begegnet. Sei es beim Abendessen, dass auf einmal 1,5h später erst auf dem Tisch steht oder auf Safari. Ein Sprichwort sagt: Afrikaner haben die Zeit und wir Europäer die Uhren. Der Umgang mit und das Verständnis von Zeit ist einfach ein komplett anderes. Warten bestimmt hier einen großen Teil des Lebens. Uns, die wir auf Effizienz und einen guten Workflow geprägt sind, fällt das manchmal sehr schwer. Wir sind einfach zu ungeduldig.

Weiterhin scheint emotionaler Beziehungsaufbau zwischen Arzt und Patient, aus unseren Beobachtungen, eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Die Qualität der Behandlung und Professionalität ist extrem hoch, der Umgangston manchmal auch etwas rauer. Vielleicht ist die Patientenanzahl einfach zu groß oder auch die Erwartungen an eine Arzt-Patientenbeziehung ist kulturell unterschiedlich.

Auch wundern wir uns manchmal über spezielle hygienische Vorgehensweisen. Einerseits sind die Mitarbeiter extrem pingelig was beispielsweise die Hygiene im OP betrifft, andererseits tragen Mitarbeiter Schmuck an Fingern und Armen und auch bei der Anlage von Venenzugängen lässt die Hygiene manchmal zu wünschen übrig. Das Verständnis und die Basis scheint vorhanden zu sein, die Umsetzung lässt nur gelegentlich zu wünschen übrig.

Zudem schleichen sich Sorgen und Traurigkeit in unsere Köpfe. Zu sehen, wie einige der Geflüchteten es hier gerade schaffen zu überleben ist schwer zu ertragen. Wie wird die aktuelle Situation in der Flüchtlingssiedlung von der politischen Situation in den USA geprägt? Werden die finanziellen Mittel auf lange Sicht gestrichen und sich die Versorgung damit drastisch verschlechtern?

All das sind Gedanken mit denen wir täglich konfrontiert sind. Wie können wir hier nachhaltig etwas erreichen? Ist es nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Allerdings sagt man ja auch: steter Tropfen hölt den Stein. 

Zu allem Überfluss sind derzeit nahezu alle Teilnehmer, außer Petra (was hast du bitte für ein Immunsystem :D?) erkältet. Auch mit Magen-Darm Problemen hatten schon viele zu kämpfen.

Dieser Post soll allerdings keine Jammerliste werden. Er soll vielmehr zeigen, welchen Herausforderungen wir hier gegenüber stehen, welche kulturellen Probleme eventuell auftreten und wie daneben jeder und jede einzelne die eigenen ganz persönlichen Themen noch bearbeiten muss.